Donnerstag, 20. August 2009

Mein erster Tag in Buenos Aires: ¡Es una pasada!

Nach einer unruhigen Nacht erblickte ich am 19. August meinen ersten Tag in Buenos Aires. Buenos Aires ist die Hauptstadt Argentiniens...
...und wurde am 2. Februar 1536 von Pedro de Mendoza gegründet,......nachdem der Konquistador Juan Díaz de Solís 1516 den Rio de la Plate entdeckt hatte. Mendozas Kaplan war ein Verehrer der Virgen de Bonaria (Jungfrau des guten Windes). Er entschied sich die Stadt „Puerto de Nuestra Señora Santa María del Buen Ayre“ zu taufen. Was so viel bedeutet wie: „Hafen unserer lieben Frau [der Heiligen] Maria des guten Windes“.
Nach anderer Überlieferung wurde der Name aufgrund der günstigen Winde im Río de la Plata ausgesucht. Buenos Aires wurde zweimal gegründet, da wie Juan Diaz de Solis zuvor von den lokalen Querandi- Indianer angegriffen wurde. 1541 mußte die Stadt aufgegeben werden. Erst 1580 gab es einen zweiten Anlauf. Juan de Garay gründete die Stadt Ciudad de la Santísima Trinidad y Puerto Santa María de los Buenos Aires („Stadt der Heiligen Dreifaltigkeit und Hafen der Heiligen Maria der guten Winde“). Heute leben 13 Millionen Einwohner in der Hauptstadt und ich bin einer von ihnen. Vom Zimmer aus schaute ich in den Hof. Der Himmel war bewölkt und es war nur etwas hell. Da ich mein Handy auf dem Flughafengelände bzw. im Flugzeug verloren habe, konnte ich nicht auf meine Uhr schauen. Mein Zeitgefühl war besonders durch den Jetlag durcheinander gekommen. Da die Vögel draußen zwitscherten, dachte ich mir, dass es Zeit wäre, aufzustehen. Im Hostelpreis mit eingeschlossen war ein Frühstück im benachtbarten Café. Die Tür war abgeschlossen. Durchs Fenster blickend sah ich die Stühle noch auf den Tischen stehen. Wie ich dann erfuhr, war es gerade mal 8 Uhr. Dehalb ging ich erstmal zurück ins Hostel und wartete ein halbe Stunde in der Küche vor dem Fernseher mir den Nachrichten. Zum Frühstück gab es frisch gepressten Orangensaft, Kaffee und ein Croissant. Ziemlich wenig, aber ausgesprochen lecker. Auf dem Weg in die Innenstadt fand ich eine kleine Bäckerei, die die Produkte selber herstellen. Dort versuchte zum ersten Mal meine spanisch Kenntnisse anzuwenden. Holprig fragte ich die Verkäuferin, ob die Pasteten ohne Fleisch gemacht seien, also „sin carne“. Sie bejahte meine Frage, so dass ich 2 unteschiedliche Pasteten bestellte. Später mußte ich aber feststellen, dass in beiden Fleisch enthalten war. Bei der einen Pastete konnte ich die dicken Schickenstücke rauspicken, aber bei der anderen war es unmöglich. Einem Obdachlosen wollte ich mein warmes Essen anbieten, doch er lehnte es dankend ab und wühlte weiter in einer Mülltonne herum. Er hatte wohl Scharmgefühl. Deshalb ging ich in Richtung La Ciudad (Innenstadt). Am Plaza De Mayo...
...fragte mich ein junger Mann, ob ich eine Obdachlosenzeitung kaufen möchte. Ich lehnte ab und bot ihm statt dessen die Fleischpastete an, die ich immer noch hatte. Der Mann freute sich ungemein. Als Dank schüttelte er mir die Hand. Dann drehte er sich um und würkte das Essen nur wenige Meter weiter in sich rein. Er mußte wohl großen Hunger gehabt haben. Dann hörte ich auf einmal Schüsse. Etwas unsicher ging ich den Geräusche weiter. Eine Demonstration kam direkt auf mich zu.
Einige Teilnehmer zündeten selbstgebaute Silvesterknaller an, um ihr Kommen lautstark anzumelden. Warum sie demonstrieren kann ich nicht genau sagen. In entgegengesetzter Richtung lief ich mit einem Stadtplan in der Hand an den typischen architektonischen Gebäuden und Denkmäler vorbei.


Diese Architektur kannte ich bis jetzt nur aus dem Fernsehen. Rund um die Florida Straße, in duzenden Seitenstraßen und Blocks, befand sich eine große Shopping Mall. In den Geschäften sah ich hauptsächlich Produkte für besser verdienende Argentinier. Mitten drin sah ich viele Bettler und ebenso viele Polizisten. Erst war ich ziemlich nervös und angespannt. Ich rechnete die ganze Zeit, ausgeraubt zu werden. Aber das Gefühl legte sich allmählich. Ich brauchte unbedingt einen Wecker und einen Taschenrechner, weil mein Handy abhanden gekommenen war. Ein neues Handy wäre unbezahlbar gewesen und übertrieben. Also lief ich stundenlang auf der Florida Straße entlang und fand statt dessen ein deutsches Restaurant.
Was sie wohl anbieten?!? Vegetarisch bestimmt nicht. In einer Markthalle verkauften sie „Tokio Hotel“ T-Shirts. Sie hingen zwischen den T-Shirts von Bob Marley, Nirvana, Iron Maiden, Metalica. Der Verkäufer meinte zu mir, dass „Tokio Hotel“ in Buenos Aires gespielte hätten. Von Magdeburg nach Buenos Aires. Das hätte ich nicht gedacht. Das 67 Meter hohe Wahrzeichen der Stadt ist ein Obelisk im Herzen der Stadt. Zum 400. Jahrestag der Stadtgründung wurde El Obelisco, wie die Einwohner von Buenos Aires ihn nennen, im Mai 1936 errichtet. Auf dem Plaza de la Republica, auf dem er steht, ist auch der Ort, wo zum ersten Mal die argentinische Flagge gehisst wurde. Das Hotel am Plaza stammt wohl auch aus dieser Zeit.

Ich ließ mich durch mein Gefühl durch die Staßen leiten. Durch Zufall kam ich am Plaza Lavalle vorbei. Vor dem Gerichtsgebäude war eine Demonstration im Gange. Überall war Polizei, Presseleute und natürlich die Demonstranten. Ich fand sofort jemanden, der Englisch sprach. Die Journalismus studierende Mariana erklärte mir alles ganz genau. Am 30. Dezember 2004 fand in der Diskothek «República Cromañón» in Buenos Aires ein Konzert der Rockband Callejeros statt. Ein bengalisches Feuer während des Konzerts die leicht entflammbare Innenverkleidung in Brand gesetzt. Das Feuer breitete sich rasend schnell aus. Die Feuerlöscher waren defekt und die Konzertgäste saßen wegen den blockierter Notausgänge in einer tödlichen Falle. 194 vor allem Teenanger starben und 700 wurde verletzt.

Nach dem weltweit schlimmsten Unglück seiner Art, wurden symbolisch überall Schuhe auf die Stromleitungen geworfen.
Nach über 4 ½ Jahre langem Warten war für viele der heutige Tag etwas ganz wichtiges. Das Gericht sollte für alle ein faires Urteil treffen, dass gar nicht so einfach ist.
"Justicia für unsere 194 Engel"

Kein Gericht der Welt kann den Verlust von 194 Töchtern, Söhnen, Freundinnen und Freunde wieder gut machen. Als ein Sprecher das Ergebnis vorlas,...
...antworteten die Leute jede Zeile mit einem Jubelschrei. Doch dann wendete sich die Stimmung und eine Frau schrie die ganze Zeit „La Puta“ (Schlampe) und weitere Kraftausdrücke. Auf einmal wurde sie von Presseleuten umringt. Dann schrie jemand anders. Ein Mann rüttelte schreiend am Metallgitter vom Eingang zum Gericht. Die Stimmung steigerte sich ruckzuck und überall versuchten die Reporter, Topfotos zu erhaschen.
Dann ging alles ganz schnell. Der wütende Mob lief ganz schnell zum Seiteneingang. Ein Absperrzaun wurde kurzer Hand umgeworfen und die dahinter stehenden Polizisten liefen schnell in Sicherheit. Nur mit letzter Kraft konnten sie die Tür zum Gerichtsgebäude zu drücken.
Einen anderen Absperrzaun wollte die Leute schon gegen die Polizisten werfen.

Die hirnrissige Idee wurde aber zum Glück schnell wieder verworfen. Aus dem Seitenwinkel sah ich ganz viele gepanzerte Polizisten anmaschieren kommen.





Ich warnte Mariana,...
...so dass wir uns lieber etwas vom Brennpunkt entfernten. Von Berliner Straßenschlachten kannte ich das schon allzu gut. Und das war auch gut so, weil dann eine Art Wasserwerfer ankam. Anstatt mit Wasser zu spritzen, kam „nur“ blaue Farbe aus der Düse. Meine Fotos waren ab jetzt nur noch unscharf, weil ich sie rennend machte. Die Polizisten spritzten auch den eigenen Kollegen mitten ins Gesicht. Sollten sie etwa ihre eigenen Leute mit Reizflüssigkeit bespritzen? Sie hatten komischerweise keine Atemmasken auf. Mariana klärte mich auf, dass das der Farbstoff Indigo sei und dass sie die Leute markieren wollten. Die Farbe geht nur schwer von der Haut ab bzw. aus den Sachen gar nicht mehr. Die Polizeikette drückte die Leute immer weiter vom Gebäude weg.
Eigentlich mußten sie niemanden wegdrücken. Alleine die Präsenz der Waffen schüchterte sie ein.

Mitten auf dem nun blau gefärbten Zebrastreifen...
....standen die bewaffneten Polizisten. Die emotional aufgelösten Angehörigen nahmen erstmal Rückzug. Dieser Mann verlor vermutlich seinen Sohn David. Kurz nach meinem Foto wurde er von duzenden Kameraleuten umringt und heulte noch mehr. Dann redete ein Pärchen auf eine Polizistin in der Polizeikette ein.
Auch hier fielen viele Tränen. Kaum hatten es einige Reporter gesehen, rannten mehrere zu ihr hin. Dann zu ihm... ...und danach zu ihr.
Warum ich das so ausführlich schreibe, liegt daran, dass ich damit zeigen will, dass es mir eher wie eine „Show“ vorkam. Viele Angehörige wollten für wenige Sekunden in die Kameras ihre Wut zum Ausdruck bringen. Nach 4 ½ Jahre langem Warten, kam heute alles wieder hoch. Sie wollten bestimmt nicht, dass nach dem Urteil die Sache vergessen wird. Ich fragte Mariana, was sie sich denn wünschen würden. Wie zum Beispiel bessere Sicherheitskontrollen etc. Aber das konnte sie mir nicht sagen. Sie meinte nur, dass die Regierung korrupt sei und dass die argentinische Polizei die Schlimmste seien. Sie erzählte mir von einem Massaker, dass die Polizisten in einem Slam angerichtet hatten. Heute jedenfalls hielt sie sich sehr zurück. Das war sicherlich auch ratsam, weil jedes schärfere Handeln ein schlechtes Licht auf die argentinische Polizei geworfen hätte. Schließlich waren so viele Kameras präsent. Die Stimmung kochte dann noch einmal hoch, als mehrere Prozesszeugen, sogenannte Angehörige, aus dem Gerichtsgebäude geführt wurden.
Danach verabschiedete ich mich von Mariana. Ohhh Mann, wie peinlich. Ich hatte vollkommen vergessen, dass man sich in Südamerika „anders“ verabschiedet. Das ging ja vollkommen schief. Dumm gelaufen. Im Internet laß ich dann die DPA-Meldung zum Gerichtsurteil. Der Betreiber der Diskothek Omar Chabán bekam die höchste Strafe. Er muß der Brandstiftung und der Bestechung wegen für 20 Jahre ins Gefängnis. Mitarbeiter Chabáns und Verantwortliche der staatlichen Feueraufsicht wurden zu bis zu 18 Jahre Gefängnis verurteilt. Das klingt hart, jedoch meiner Meinung nach gerecht. Zu Tumulten im Gerichtssaal und zu einer Straßenschlacht vor dem Gebäude kam es jedoch, als die Richter die Musiker von der Rockband Callejeros freisprachen. Die Angehörigen der Opfer teilte eher die Meinung, dass die Musiker die Stimmung während des Konzerts so sehr angeheizt hätten, dass sie an dem Unglück Mitschuld trügen. Für Unverständnis sorgte auch die Entscheidung der Richter, die Verurteilten bis zur Rechtskraft des Urteils, gegen das Rechtsmittel zulässig sind, auf freien Fuß zu setzen. Mit dieser Meldung verblasste meine Solidarität. In Deutschland wäre bestimmt ein ähnliches Urteil gefällt worden. Auf dem Nachhauseweg kam ich an einer Wechselstube vorbei. Meine neuseeländischen Dollar kannten sie nicht. In einem Katalog mußte die Angestellte nachschauen. Das sah zufälligerweise ein Pärchen, dass sich auf deutsch unterhielt. Zu ihrer Verwunderung sprach ich auch Deutsch. Während des Gespräches erfuhr ich, dass wir in entgegen gesetzte Richtungen reisen. In den nächsten Tagen wollen wir uns treffen und unsere Reiseinformationen austauschen. Zu meinem Glück haben sie einen Reiseführer für Südamerika, den sie nicht mehr brauchen. In den Geschäften kosten Reiseführer ca. 210 Pesos (ca. NZ$100 = ca. 50 Euro). Was sonst noch zu Buenos Aires zu sagen gibt. Im Gegensatz zu Australien und Neuseeland ist Argentinien ganz schön sexistisch. An jedem Zeitungskiosk strahlen die Tittenhefte und an Telefonzellen versuchen sie einem abzulenken.
Unbeeindruckt ging ich abends zu meinem Hostel zurück. Wahnsinn! ¡Es una pasada!

3 Kommentare:

wirdnichtverraten hat gesagt…

Hey Lenny!
Mann das hoert sich ja wie immer super spannend an! Ich fieber immer schoen mit und finde es unglaublich wie weit du in der Welt herumreist.
Ich hab auch schon wieder Lust bekommen loszufahren aber leider muss ich mich fuers Erste mit Planen begnuegen.
Wuensch dir weiterhin viel Spaß und sei vorsichtig!
Liebe Gruesse, Janine

Eva hat gesagt…

Hi Lenny,

sry, dass ich mich so lange nicht bei dir gemeldet habe!
Danke fürs Daumen drücken, hat geholfen, ich habe den Job, wie du schon angenommen hast!
Da ich von 3.30pm bis Mitternacht in der Bäckerei in NW arbeite und morgens noch 3-4x die Woche im Hostel putze ist die Zeit ziemlich eng bemessen.
Ich hatte bis jetzt leider nicht so viel Zeit groß neues zu erleben. Ist hier alles sehr alltäglich für mich.
Du im Gegensatz erlebst ja spannende Dinge. Klang sehr interessant, was du da erlebt hast. Sicherlich war das eine große Erfahrung für dich, die dich gleich in das argentinische Leben involviert hat!?!
Ich hoffe, es bleibt spannend bei dir und vor allem fühlst du dich denn mittlerweile recht wohl?
Bin gespannt auf mehr ...

Ganz liebe Grüße und pass auf dich auf!
Eva

Fabienne hat gesagt…

Hej Lenny ! ¿que pasa?
verena und ich sitzen gerade in inem hostel in cusco und dachten, wo du wohl grade steckst?
wir hatten eine wunderbare zeit in bolivien und sind gestern schliesslich vom titicacasee in richtung macchu picchu aufgebrochen.
bei uns ist alles gut, von kleinen zwischenzeitlichen salmonellenvergiftungen einmal abgesehen...
melde dich dochmal, strawberry man,
liebe gruesse aus peru
verena und fabienne