Mittwoch, 21. Mai 2008

Kampong Cham

Am 18. Mai war ich in Kampong Cham angekommen. Komischerweise wollten sie mich die Insassen erst gar nicht aus dem Minivan lassen. Erst durch Druck verstand der Fahrer, dass ich hier wirklich raus will. Wollte die Insassen mir indirekt zu verstehen geben, dass ich lieber sitzen bleiben sollte? Ich stieg trotzdem aus. Sonst könnte ich nun nicht viele „nette“ Geschichten, die ich mit dieser Stadt erlebt habe, berichten. In meinem Loose Reiseführer, von dem ich immer total begeistert war, fehlte eine Stadtkarte für Kampong Cham. Deshalb musste ich viele Leute nach dem Weg zu einigen Hotels fragen. Die Hotels waren teilweise in keinem guten Zustand. In einem der empfohlenen Hotels aus meinem Reiseführer gab es 2 freie miefige Zimmer ohne Fenster. In einem anderen Hotel waren die Zimmer noch teurer und hatten nicht mal richtiges Licht, kein funktionierenden Wasserhahn am Waschbecken und die Betten sahen räudig aus. Ich versuchte überall den Preis nach unten zu drücken, doch niemand ging darauf ein. Auf der Straße sprach mich ein Khmer an, der Touren für Touristen anbot. Er empfohl mir ein Hotel an der nächsten Ecke, an der ich nun schön öfters vorbei gelaufen war. Ich hatte das Namensschild nicht gesehen. Der Khmer meinte, dass die Hotelbesitzer kein Englisch sprechen und dass er mir helfen würde. Ganz bestimmt nicht ohne Hintergedanken, welches sich später auch bewahrheitet hat. Es war mir egal und ich lies mich darauf ein. Durch seine Hilfe bekam ich ein wunderschönes Zimmer unter dem Dach mit einem Zugang zu einer Terrasse.


Das Zimmer war für 3 Dollar die Nacht war überhaupt nicht vergleichbar mit den anderen Zimmern. Von der Terrasse aus konnte ich die große Brücke sehen, die über den Mekong ging.


Von der Uferpromenade aus konnte man die Spannweite der Brücke besser sehen.

Gegenüber vom Hotel war das Polizeirevier.

Davor standen 2 Unfallwagen. Der Khmer erzählte mir, dass diese Autos von einem Unfall aus der letzten Zeit stammen und alle Insassen Tod wären. Es würden monatlich 500 Leute im Straßenverkehr umkommen. Er warnte mich ganz deutlich vor dem Straßenverkehr in Kambodscha. Die Khmer sollen rücksichtslose Fahrer sein. Das kam mir irgendwie bekannt vor. Mir wurde schnell bewusst, dass ich mit meinem Unfall in Kratie großes Glück hatte. Mein Hotelzimmer war groß, hell und sauber. Ich beschloss hier länger zu bleiben. Insbesondere auch, weil der Markt in der Innenstadt richtig toll ist und das Essen vielseitig, lecker und günstig ist. Für meine geplante Tour brauchte ich eine Straßenkarte, so dass ich mich zum Touristenbüro aufmachte. Nach einer Ewigkeit fand ich ein altes Haus, vor dem ein riesiger Swimmingpool stand, in dem grüne Pflanzen wuchsen. Hinter der Eingangstür befand sich eine große Halle, in der 2 ältere Männer in Shorts Badminton spielten. Der vollgeschwitzte sonnengebräunte Mann gab mir in seinem Büro eine Broschüre mit einer Straßenkarte zu den Tempelanlagen in der Umgebung. Wieder draußen angekommen, bemerkte ich auf dem Deckblatt der Broschüre ein Foto vom Tourismusminister. Er trug einen weißen Anzug mit ganz viel Geklimper an der Brust. Schnell wurde mir klar, dass der fast nackige Mann von gerade eben der Tourismusminister war. Auf meiner Stadtbesichtigung traf ich den Australier aus Kratie wieder. Ich erzählte ihm von den Sehenswürdigkeiten in der Stadt und in der Umgebung. In seinem Lonely Planet wurden nur wenige Sehenswürdigkeiten angesprochen. Am Abend gingen wir zur längsten Bambusbrücke Kambodscha.

Sie war aber nicht so interessant, wie der moderne Tempel an der Brücke. Überall auf dem Gelände waren unzählige Buddhafiguren. Sie waren echt schön, aber teilweise kitschig.





Abends gingen wir zum Nachtmarkt und bestellten uns gebratene Nudeln. Einige Straßenkinder bettelten an jedem Tisch. Die Besitzerin von der Nudelstand wollte gerade die Kinder verscheuchen, als wir einem kleinen Jungen (ca. 9 Jahre alt) auch eine Portion bestellten. Der Junge wollte erst auf dem Boden essen. Wir boten ihm am Tisch einen Platz an und ich schüttete ihm Wasser in sein Glas. Der Junge schlang das Essen blitzschnell runter und verschwand ohne ein Wort zu sagen. Es war wirklich traurig, so vielen arme Kinder zu sehen, die teilweise das erbettelte Essen in Plastiktüten für ihre Familie packten. Ich wusste aus welcher Gegend sie kamen. Etwas entfernt von den riesigen Baustellen von Luxushotels an der Mekongpromenade befand sich eine Slumsiedlung mit viel Armut. Am nächsten Morgen wollten wir eine Tour machen und uns wieder ein Motorrad ausleihen. Jemanden zu finden, der uns eine Maschine auslieh, war gar nicht so einfach. Kaum hatten wir jemanden gefunden, stellte ich aber Mängel an der Maschine fest, so dass ich Abstand nahm. Nach langem Suchen fanden wir einen Motodriver, der uns seine Maschine in einem guten Zustand verlieh. Der erste Halt war ein Tempel, vor dem ganz viele Affen rumliefen und den Touristen das Essen wegnahmen, wenn sie nichts von denen etwas ausgegeben bekamen.

Gleich in der Nähe war noch eine große Tempelanlage, mit vielen goldenen Buddhafiguren.

Der Buddhakopf, der in alle 4 Richtungen schaute, war unübersehbar.

Der riesige liegende Buddha war fast so hoch wie ein Haus.


Ein alter Mann saß davor. Der Australier kam mit ihm ins Gespräch. Dann wollte der alte Mann sich mit mir fotografieren...


Mit dem Motorrad ging es zu einem anderen alten Tempel. Das besondere an ihm war der Mix aus Alt und Neu. Der fordere Teil bestand aus alten Ruinen und der hintere neuere Teil wurde mit den Ruinen verbunden.



Leider konnten wir den Tempel nicht in Ruhe anschauen, weil der schlafende Polizist, der im Schatten einen Mittagsschlaf hielt, aufgewacht ist. Er verlangte von uns einen Eintritt von 5$. Uns wurde schnell klar, dass er nur sein Gehalt aufbessern wollte. Also verließen wir die Tempelanlage und fuhren zu einem anderen Tempel. Dieser liegt außerhalb der Stadt und ist nur schwierig zu finden. Der Tempel wurde aufgrund seiner versteckten Lage nicht von den Khmer Ruge verstört. Da so gut wie alle Tempel zerstört wurden, war dieser Tempel für mich eine Chance, einen Tempel im ursprünglichen Zustand zu besichtigen. Der Australier und ich fuhren ewig am Mekong entlang und fragten immer mal Leute nach dem Weg. Alle zeigten uns immer nur nach Westen. Irgendwann nach Stunden wusste ein Khmer wirklich von diesem Tempel und meinte, dass er genau auf der anderen Seite vom Mekong liegt. Ein Schauer durchkam mich, weil ich die Karte falsch interpretiert habe. Zum Glück erinnerte ich mich, dass ich auf dem Weg eine Fähre gesehen habe. Also fuhren wir zurück bis zur Fähre. Nach einer Ewigkeit kam ein kleines Holzboot. Als wir gerade mitten auf dem Mekong waren, meinte eine Frau zu mir, dass der Motor von unserem Motorrad noch an ist. Ich schaute sie ungläubig an, weil ich den Zündschlüssel in der Hand hielt. Doch dann konnte ich es auch hören. Da wollte ich gerade aufstehen und den Motor ausschalten, als ein alter Mann mit Goldzahn aufstand und den Gasgriff voll umdrehte. Mit lautem Motorgeräusch raste unser Motorrad gegen ein anderes parkendes Motorrad und gegen die Bordwand. Kurz vor der Ohnmacht realisierte ich, dass das Motorrad nicht im Mekong versenkt wurde. Das angefahrene Motorrad hatte viele Schrammen und gebrochene Teile. Nur langsam begutachte ich unsere Maschine und stellte fest, dass schon wieder die Verkleidung gebrochen war. Zum Glück war es nur angebrochen. Am anderen Ufer angekommen, sah ich den Fahrer mit der kaputten Maschine. Er guckte nicht glücklich und sagte kein einziges Wort. Wie schon mal erklärt, hat in Asien jeder für seinen eigenen Schaden aufzukommen. Der Verursacher fuhr mit seiner Frau mit einem tiefen Lachen und Grinsen davon. Ich kochte vor Wut. Ich fuhr das Motorrad durch die Dörfer. Die Wege waren teilweise unpassierbar. Trotzdem quälte ich die Maschine durch den Schlamm. In einem Dorf fragten wir nach dem Weg und wurden dann von so vielen finstere betrunkene Leute umzingelt. Einige der Leute wurden zudringlich. Mit freundlicher Miene suchten wir das Weite. Die Wege wurden immer schmaler. Wir wussten aber, dass wir nur immer am Mekong langfahren müssten, um wieder in der Stadt anzukommen. Ich habe irgendwann nach Stunden aufgegeben, die Leute nach dem Tempel zu fragen, da sie uns doch immer nur anlogen, an statt . Sie zeigten uns den Weg nach Osten. Doch irgendwann standen wir wirklich bei Sonnenuntergang am alten Khmertempel. Ich hatte ihn erst gar nicht erkannt. Einige nette Mönche öffneten die Tore, so dass etwas Licht reinkam. Ich sah einige Buddha...

...und alten bemalten Teakholzsäulen.

Wir hatten es wirklich geschafft. Leider blieb nicht viel Zeit, da es immer dunkler wurde. Das Fahren mit Motorrädern nach Einbruch der Dunkelheit wird überall abgeraten, weil es zu gefährlich ist. Wir mussten aber zurück. Immer wieder flogen mir Fliegen ins Gesicht und in die Augen. Das war sehr gefährlich, weil ich nichts mehr sehen konnte. Nach einer Vollbremsung und brennenden Augen fuhr ich so lange weiter, bis ich die nächste Fliege im Auge hatte. Ich war teilweise mit unglaublicher Geschwindigkeit gefahren und hätte es jederzeit zu einem Unfall kommen können. Schließlich erreichten wir gegen 20 Uhr die große Mekongbrücke. Es war ein unglaubliches Gefühl am Ziel angekommen zu sein. Der Empfang war nicht so wie erhofft. Der Motodriver bzw. der Verleiher war stinke sauer, weil wir zu spät angekommen sind. Er meinte, dass wir um 18 Uhr zurück sein sollten. Ich meinte zu ihm aber am Morgen, dass wir es versuchen werden einzuhalten und dass wir es jetzt nicht einschätzen können. Es könnte auch später werden. Mehrere Leute fuchtelten mit ihren Handys an der mit Schlamm besudelten Maschine herum und schauten nach Beschädigungen. Die angebrochene Stelle hat er zum Glück nicht gefunden. Er schrie die ganze Zeit rum. Dann fand er einen Kratzer auf einem schwarzen Aufkleber. Für den Kratzer auf dem Aufkleber und weil wir zu spät zurück gekommen sind, wollte er 20$ Entschädigung. Wir gaben ihm das Geld und sind ganz schnell gegangen. Kaum auszumalen, wenn er die Bruchstelle sehen würde. Der Hauptgrund für seine Wut lag wahrscheinliche ganz wo anders. Er war ein Motodriver, der für jemand anderen arbeitet. Der Fahrer dachte sich, dass er heute mehr Geld verdienen würde, wenn er das Motorrad vermieten würde. Er könnte den Tag am Mekong genießen, anstatt Leute von A zu B zu kutschieren. Die Geschichte ist aufgeflogen, weil wir zu spät zurückgekommen waren und der Motodriver nicht mir seinem Motorrad zurück zum Depot kam. Ich fühlte mich nicht mehr sicher in der Stadt und floh am nächsten Morgen kurz nach Sonnenaufgang aus dem Hotel zum Busbahnhof. Wenn sie das Motorrad putzen würden, wäre ihnen der Riss bestimmt sofort aufgefallen. Ausgerechnet als ich gerade gehen wollte und von der Terrasse nach unten schaute, sah ich den einen Motodriver aus der Gruppe genau vor meinem Hoteleingang. Mit Bauchschmerzen schlich ich mich aus dem Hotel und sah zum Glück, dass er verschwunden war. Schnell ging ich mit großen Umwegen zum kleinen Busbahnhof. Ich war viel zu früh dort und musste noch 2 Stunden in Angst und Schrecken warten.

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