Dienstag, 15. September 2009

Cabo Polonio oder der schönste Ort Uruguays

Am 11. September erreichte ich Cabo Polonio. Nicht mit dem Flugzeug, aber mit dem Bus kam ich nach 5 Stunden an der östlichen Südküste Uruguays an. Da ich letzte Nacht nur wenig geschlafen hatte, war ich im Bus sehr schläfrig geworden und schlief fast die ganze Busfahrt über. Wenn ich mal die Augen offen hatte, sah ich nur flaches bäuerliches Land. Es sah irgendwie alles gleich aus. Gegen 15 Uhr erreichte ich den Eingang vom Nationalpark Cabo Polonia. Bis zum Village waren es nochmal 45 Minuten mit einer Art von LKW. Ein Spezialfahrzeug, weil es keine richtige Straße gab. Im Nationalpark sind eigentlich nur diese Taxis erlaubt, die zur Zeit 3 mal täglich fahren. Einige Einheimische haben eine Sondererlaubnis für ihre 4WD Fahrzeuge. Während ich 40 Minuten auf das Taxi wartete, lernte ich den Musiker Martin kennen. Er spielt Posaune in der Band „Abuela_Coca“. Die Band ist sehr erfolgreich und tourte des öffteren in Deutschland.Er lebt in Montevideo und kommt ab und zu nach Cabo Polonio, um in seinem Haus sich vom Stadtleben zu erholen. Andere wiederum leben das ganze Jahr hier draußen. Er erzählte mir die Geschichte von dem Nationalpark, von dem mehrere Leute meinten, dass das der schönste Ort Uruguays sei. In Cabo Polonio leben im Winter ca. 100 Leute. Im Sommer können es schon mal 2000 Leute werden. Aber nicht nur Backpacker erholen sich hier. Viele Südamerikaner kommen hier her und genießen eine Zeit ohne Autos, Strom, Internet und Mc Donnald’s Restaurants. Es wirkt alles sehr alternativ und ökologisch. Die Idee finde ich super, aber die Alt-Hippies beugen sich immer mehr dem Konsum. Einige Einheimische besitzen ein altes Autos. Strom bekommen sie über die Autobatterie, über Stromgeneratoren oder über Solaranlagen. Auf einigen Dächern sah ich Fernsehantennen. Doch die Mehrheit der Bewohner tauschen den Fernseher gegen die Unterhaltung der Natur.Seit wenigen Jahren gibt es in der Einöde sogar Handyempfang. Komplett ökologisch ist Cabo Polonio auch nicht. Bioabfälle werden mit dem normalen Müll abtransportiert. Überall am Strand und in den Dünen lag Plastik herum. Ganz bestimmt wurde es größtenteils vom Meer angespühlt. Ist es aber ein Grund, es liegen zu lassen? Plastik verrottet nicht, sondern wir immer kleiner... ...und wird von den Tieren mit Nahrung verwechselt. Sie fressen das Plastik und sterben an Hunger, obwohl der Magen voll ist. Nur halt eben mit Plastikmüll. Anstatt sich den ganzen Tag mit Mariguana zuzurauchen (ist übertrieben), könnten die Einheimischen jeden Tag etwas Plastik am Srand sammeln gehen. Oder ist das etwa ne Muschel? Eigentlich stand hier nur ein Leuchtturm, an dessen Fuß duzende Seerobben und -löwen in der Sonne relaxen. Irgendwann kamen die ersten Leute und bauten kleine Holztüten und später Steinhäuser. Absperrungen wie Zäune oder Bäume haben die wenigsten und ist offiziell verboten. Alles ist offen und einsehbar. Martin erzählte mir, dass jeder über jeden Bescheid weiß. Kurz gesagt, das Aussteigerdorf ist ein Qlatsch- und Tratschdorf. Vor 10 Jahren konnte man noch günstig Häuser erwerben oder sogar Häuser errichten. Nun besteht schon lange Baustopp. Die Preise sind nun explodiert. So viele wollen hier ebenfalls ein Häuschen haben. Die Glücklicher können sich aber nicht sicher fühlen. Die Regierung sagt, dass die Häuser verschiedene Eigentümer haben, aber das Land unten den Häusern gehört zu 100% der Regierung Uruguay. Die Einwohner Cabo Polonio zahlen eine Steuer auf ihr Haus und werden "nur" geduldet. Vom Taxi aus, konnte ich das bunte Dorf schon von weitem sehen.
Ich wurde von Marco, einem netten Mann begrüßt. Er führt das Hostel "Del Cabo" und hatte für mich ein freies Bett.
Zu meiner Überraschung war ich der Einzige im Hostel. Deshalb durfte ich mir das Zimmer aussuchen und entschied mich für das wohl schönste Zimmer. Vom ersten Stock aus hatte ich diesen tollen Blick nach draußen.
Ich hatte mich eigentlich auf eine kalte Nacht in einer Hängematte eingestellt. In der letzten Nacht in Montevideo schaute ich um 2 Uhr morgens bei Hostelworld und bei Hostelbookers nach, ob es denn Hostels mit freie Betten gab. Dort fand ich nur ein einziges Hostel in Cabo Polonio und dieses war für die kommende Nacht ausgebucht. Schließlich fuhr ich trotzdem mit mulmigen Gefühl nach Cabo Polonio und hatte dann eine Auswahl an mehreren Hostels und an eigenen Hütten. Kaum hatte ich meine Sachen im Zimmer abgestellt, wollte ich schon los. Ich wollte mir die wahnsinnige traumhafte Natur anschauen. Was für eine Panoramaussicht?
Gut gelaunt lief ich an den bunten Häusern vorbei...
...und konnte mein Glück nicht fassen. What a Shity Life?!?
Wenn die Amerikaner in Colonia nicht in einem anderen Hostel als ich geschlafen hätten, dann hätte ich sie nicht dort besucht. Dann hätte ich auch nicht die beiden Berliner getroffen, die mir Cabo Polonio empfohlen hatten. Ich schwebte die ganze Zeit in einem Rauschzustand. Mein erster Walk ging an einem der beiden Beaches entlang. Dort stand mitten in der Wüste bzw. in einer Sanddüne dieser Pub.
Mit der Nachmittagssonne im Rücken lief ich in Richtung des Leuchtturmes. Einige Angler versuchten ihr Glück,...
...während nicht weit entfernt die Seerobben in der Sonne chillten. Ich schlich mich leise an und machte einige Fotos mit dem Selbstauslöser. Dazu stellte ich mich mit dem Rücken zur Kolonie. Besonders entspannt konnte ich nicht in die Kamera lächeln. Irgendwie hatte ich nämlich die netten Robben aufgeweckt. Dann hörte ich hinter meinem Rücken ein lautes Schnaufen und ein Gebrüll.
Blitzschnell rannte ich davon und sprang mit letzter Kraft auf einen großen Felsen. So viel Glück hatten wohl nicht alle. Es traf zum Beispiel diesen armen Backpacker, der die Seerobben mit seinem Knipsapparat genervt hatte.
Dem Tod gerade von der Schippe gesprungen, da kam ich schon in den nächsten Konflikt. Diesem Vogel kam ich zu nahe.
Er machte einen hellen kreischenden Ton und startete mehrere Angriffsflüge auf mich. Er hatte wohl seine Eier im Gras abgelegt. Ausgerechnet dort, wo ich Fotos vom Sunset machen wollte. Der Sunset war atemberaubend...
...und peaceful.
Doch meine Ruhe hatte ich immer noch nicht. Dieser Hund wollte von mir gestreichelt werden. Nach einer Streicheleinheit folgte er mir auf dem Weg zu Martin. Martin hatte mich eingeladen, ihn besuchen zu kommen. Ich traf ihn bei seinen Nachbarn. Zu viert saßen wir draußen am BBQ- Feuer, tranken Bier und schauten auf den sternklaren Himmel. Wenn es nicht so kalt wäre, hätte ich ihn bestimmt noch mehr genossen. Mit Eisfüßen ging ich zurück in mein Hostel. Der Leuchtturm wies mir den Weg.
Ohne Strom hatte ich vollkommen mein Zeitgefühl verloren. Es war gerade mal 21 Uhr. In der Küche schrieb ich in mein Reisetagebuch,...
...bis Marco, der Hostelbesitzer, zurückkam. Gemeinsam quatschen wir noch etwas und tranken heißen Tee. Am nächsten Morgen wurde ich von der Sonne aufgeweckt. Sie strahlte mir mitten ins Gesicht. Es war ein herrlicher Tag. Eigentlich wollte ich mir im Dorfkonsum etwas zum Frühstück kaufen, doch der Tag war zu schön, um ihn in der Küche mit Frühstück zu vergeuden. Deshalb ging ich raus und machte einen ganz langen Spaziergang. Dabei lief ich einen großen Bogen um das Dorf. Was für eine Aussicht!?!Am Strand entlang,...
...lief ich zum Leuchturm.
Ich wollte nochmal zu den Seerobben gehen.
Diesmal waren auch Seelöwen zu sehen. Ich machte duzende Fotos und beobachte sie beim Sonnen,...
...beim Raufen...
...und beim Schwimmen.
Nur langsam konnte ich mich von der Faszination der Robben losreißen. Danach lief ich zu den Dünen in die Wüste.



Im Vergleich zur Sahara fand ich den Sand feucht und schwer. Dadurch konnte der Wind den Sand nicht rumwirbeln. Die Aussicht auf Cabo Polonio...
...war awesome. Als ich so über die Dünen spazieren ging, sah ich auf einmal Kühe.
Keine Kamele oder so. Es waren Milchkühe. Ich konnte es kaum glauben. Sie liefen gemütlich durch den Wüstensand. Noch etwas geschockt, wollte ich am Strand zu meinem Hostel zurücklaufen. Dann sah ich noch mehr Kühe.
Diese chillten am Strand. Wo war ich nur gelandet? Eigentlich klingt das alles ganz lustig. Aber mit Verstand mußte ich feststellen, dass es total dumm ist, hier Kühe rumlaufen zu lassen. Sie fressen das Gras, dass zur Verhinderung der Versteppung gebraucht wird. Wieder einmal war ich in einem Land gelandet, in dem die Menschen keine Ahnung über die Natur haben. In der Schule müßte Biologie und Ökologie Pflichtfach sein. In Cabo Polonio haben sie diese offizielle Schule. Viele Kinder können diesen Ausblick nicht genießen. Es sollen gerade mal 7 Schüler sein. Die Teilen sich einen Klassenraum und die Lehrerin unterrichtet alle Kinder gemeinsam, obwohl sie alle in unterschiedlichen Leistungsklassen sind. Das einzige Kind in der 1. Klasse wird wohl immer der Letzte sein.
Um meinem Hostel schlich immer eine weiß-graue Katze herum. Sie war sehr hungrig und durstig. Sie meldete sich mit einem Miauen. Besonders lustig fand ich, dass sie beim Essen und beim Trinken nicht gestört werden wollte. Sie rührte nichts an, wenn ich ihr zuguckte. Ihren Unmut zeigte sie durch ein erneutes Miauen. Also schloß ich die Tür und guckte ihr eben aus dem Fenster zu. Als der Teller leer war, Miaute sie erneut und wollte mehr. Ich konnte ihr ja nicht all die ganze Milch von Marco geben?!? Bei so vielen Hunden hatte sie schon ein hartes Leben in Cabo Polonio. An meinem letzten Abend war ich gerade beim Abendbrot essen, als mein Hostelbesitzer reinkam. Er wollte das Radio anmachen und "La Radio del Polonio" hören. Leider hatte er keinen guten Empfang, so daß er kurzentschlossen mit mir zu seinem Radio Freund Willy fuhr. Auf dem Weg zu Willy machten wir einen kurzen Halt in Marcos Pub. Er zeigte mir stolz seinen eigenen Pub, in dem er tagtäglich baut. Im Sommer, wenn die ganzen Backpacker kommen, muß sein Pub fertig sein. In seinem alten Mercedes Jeep fuhren wir also zu der Radiostation. Sie befand sich in einem Haus. Zu Zeit war Besuch aus Montevideo da. Über dem Kamin grillte Willy verschiedene Fleischstücke.
Während sie so da saßen und das BBQ verspeisten, durfte ich die Musik für das Radio aussuchen. Die ganze Zeit davor spielten sie nur Pink Floyd. Sicherlich war das entspannend, aber nicht für einen Samstag Abend. Also legte ich Musik von Red Hot Chili Peppers, Cake und von Led Zeppelin ein.
Als ich die nächsten Songs programmierte, gesellte ich mich mit an den Tisch. Es war eine lustige Runde. Plötzlich klingelte das Handy von Willy. Einige Hörer waren von meiner Musik angetan und lobten diese. Bei Stairway to Heaven haben sie "voll abgerockt". Willy bedankte sich und schrieb zurück, dass nicht er die Musik ausgesucht hat, sondern der Lenny aus Deutschland. Am nächsten Morgen sprach mich sogar die eine Frau auf meine DJ Tätigkeiten an, die ich am ersten Tag kennengelernt hatte. Es sprach sich wirklich rum, was alles so im Dorf passiert. Ich hatte mich gerade eingelebt und das chillige Leben genossen, als ich schon wieder abfahren mußte. Marco war wirklich nett. Er war recht traurig, dass ich gehen mußte. Er meinte, dass ich unbedingt nochmal wiederkommen soll. Mit dem Taxi ging es wieder zurück zur Hauptstraße.

Dort wartete ich eine Stunde auf den Bus zurück nach Montevideo. In Montevideo nahm ich gleich den Anschlussbus nach Colonia del Sacramento. Nach ca. 8 Stunden erschien ich gegen Mitternacht in meinem alten Hostel in Colonia. Am nächsten Mittag erreichte ich ganz gemütlich die Fähre nach Buenos Aires, Argentinien. Dort traf ich Holly und Sheyna wieder. Sie hatten ebenfalls eine schöne Zeit gehabt. In ihrer Couchsurfing Gastfamilie fühlten sie sich wohl und hatten ihren Spaß. Nach Cabo Polonio wollten sie nicht mitkommen, weil es dort keine "facility" gab. Mit der Fähre ging es eine Stunde über den Rio de la Plata nach Buenos Aires.

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