Dienstag, 20. Oktober 2009

Ushuaia - El Fin Del Mundo

Am 17. Oktober erreichte ich gegen 22 Uhr Ushuaia.
Das Wort "Ushuaia" kommt aus der Sprache der Ureinwohner Yámana und bedeutet "Die zum Sonnenaufgang hin gewandte Bucht“.

Panorama von XXX
Panorama von Ushuaia

Nach 19 stündiger Busfahrt stand ich mitten in der südlichsten Stadt der Welt. Wie ich später erfuhr, ist sie „nur“ die größte südlichste Stadt der Welt und der Anfang von allem. Die Kleinstadt Puerto William und kleine Städtchen auf dem Südpol befinden sich noch weiter südlich von Ushuaia. Zum dem liegt Puerto William in Chile und kann schon deshalb nicht die Auszeichnung „El Fin Del Mundo“ tragen. So wurde es mir mit einem Augenzwinkern erklärt. Ganz offiziell ist Puerto William die südlichste Stadt der Welt. Mein Bauchgefühl sagte mir, dass ich in Ushuaia nicht das günstigste Hostel nehmen sollte. Wenn ich mich schon in der nähsten Stadt zum Südpol befinde, dann wollte ich nicht auf ein warmes Bett und auf eine heiße Dusche verzichten. Ich entschied mich für das schneesichere Hostel „La Posta“,..
...dass mir auch schon in Buenos Aires empfohlen wurde. Lustigerweise war ich nicht der Einzige im Bus, der in diesem Hostel eine Reservierung abgegeben hatte. Ich bekam ein schönes warmes Zimmer mit Highspeed Wlan Internetverbindung. Am nächsten Morgen wollte ich eigentlich nach einer so langen Reise entspannen. Als ich mir den Wetterbericht für die nächsten Tage anschaute, mußte ich feststellen, dass ich lieber meinen Chill Out Day verschieben sollte. Der Wetterbericht verspricht nicht gutes für die nächsten Tage. Nach einem leckeren reichhaltigen Frühstück nahm ich einen öffentlichen Minibus zur Innenstadt. Der Busfahrer fuhr dabei nicht den schnellsten direkten Weg, sondern fuhr all die kleinen Seitenstraßen ab. Auf meiner sogenannten Stadtrundfahrt sah ich die Stadtteile außerhalb der Touristenmeile. Genau so stelle ich mir die abgelegenen russischen Städte auch vor. In der Luft lag so ein Gefühl von *Am Arsch der Welt*. Doch genau dieses Gefühl wollte ich schnuppern und sehen, wie die Menschen hier in der Einöde leben und gelebt haben.
Neben der Stadt gibt es 2 weitere Hauptattraktionen. Zum einen gibt es den Nationalpark „Tierra del Fuego“ und zum anderen eine Bootsfahrt auf dem berühmten „Beagle Kanal“. Der Nationalpark soll eines der schönsten Parks in Argentinien sein. Aber bestimmt nicht jetzt im Winter, wenn alle bunten Pflanzen sich unter einer Schneedecke verstecken. Zu dem ist der Eintrittspreis für argentinische Verhältnisse mit 50 Pesos (=10 Euro) unvorstellbar hoch. Stattdessen entschied ich mich, für 145 Pesos lieber eine 4stündige Bootsfahrt auf dem Beagle Kanal zu machen. Vor meiner Reise hatte ich von diesem Kanal schon einmal etwas gehört. Doch über die Bedeutung des Kanals war ich mir nicht bewußt. Entlang des Beagle -Kanals und der benachbarten Kanäle von der Halbinsel Breecknock bis zu den Wollaston Inseln bei Kap Hoorn lebten vier ethnischen Gruppen, die bis Anfang des 20. Jahrhunderts auf Feuerland siedelten. Eine Ureinwohnergruppe war der Stamm der Yámana, die im Zuge der Besiedelung durch weiße Siedler bereits Anfangs des 20. Jahrhunderts fast vollständig ausgerottet wurden. Über Jahrhunderte lebten die Seenomaden im Einklang mit der Natur. Während die Männer für die Jagd verantwortlich waren, tauchten die Frauen im eiskalten Wasser nach Muscheln und Krebsen. Als ich in einem Touristeninformationscenter mein erstes Foto von den Yámana sah, dachte ich mir, dass sie nicht anderes aussehen, als die Ureinwohner im Amazonas. Sie liefen ebenfalls vor allem nackt herum......und lebten in kleinen Hütten.
Und bei festlichen Ereignissen wurde der Sonntagsanzug herausgeholt.
Erst Stunden später stockte mir der Atem. Sie liefen nackt herum!?! Ich befand mich nicht im Amazonas, sondern relativ nahe am Südpol. Ich fror selbst noch mit meinen Hightech Sachen. Eine Begründung für den nudistischen Lebenswandel konnte ich in Erfahrung bringen. Wenn sie Sachen trügen, dann könnten diese bei diesem Wetter nicht so schnell trocknen, da die Yámana sich hauptsächlich auf dem Meer aufgehalten haben. Die ersten Europäer, die den Yámana begegneten, war eine holländische Expedition, die 1624 in der Nähe von Kap Hoorn auftauchte. Mit dem Aufkommen der Schnellsegler und der Waljagd Ende des 18. Jahrhunderts kam es zu regelmäßigen Kontakten zwischen den Europäern und den Yámana. Bei Ankunft der ersten Siedler um 1884 brach eine Masernepidemie aus, die fast die Hälfte der insgesamt auf 1000 Personen geschätzten Yámana tötete. Ebenso trug die den Indianern durch Missionare überlassene Kleidung zur Ausbreitung der Epidemie bei. Die nunmehr forcierte sesshafte Lebensweise und der Wechsel der Ernährungsweise -von vorrangig tierischen Fetten zu pflanzlichen Produkten- verschärfte den schlechten Gesundheitszustand der Überlebenden. Die Ureinwohner bekamen Skrofulose, Lungenentzündung und Tuberkulose. Um 1911 lebten deshalb nur mehr rund 100 Yámana. Die letzte Yámana, die noch den ursprünglichen Lebensstil pflegte, starb 1983. Mit dem geschichtlichen Vorwissen, wollte ich mir nun den Lebensraum näher anschauen. Am Hafen boten eine Vielzahl von Bootscompanies eine Tour an. Die Angebote reichten von einem 10 Personen Boot bis zu einem 200 Personen Schiff.
Ich entschied mich sofort für das kleine 10 Personen- Boot, weil diese Comapany eine Sondererlaubnis hatte, mit seinen Gästen auf einer bestimmten Insel wandern gehen zu dürfen. Leider wurde die Fahrt in letzter Sekunde abgesagt. Als gerade ein anderes kleines Boot ablegen wollte, durfte ich gerade noch so draufspringen. Die Fahrt war recht OK. Anstatt mir diesen Leuchtturm anzuschauen...
...wäre ich lieber noch mehr um die Inseln herum gefahren und hätte mir die Tiere besser angeschaut. Auf den Inseln leben heute Seerobben......Komorane...
...und viele andere Vögelarten. Lustig fand ich diese Vögel, die keine Flügel hatten.
Nun kann ich verstehen, warum Charles Darwin auch hier Schiffsreisen unternahm. Am darauffolgenden Tag hatte ich nun Zeit und Lust mit die Stadt anzuschauen. Die alten Häuser, Schiffswracks und die Graffitis an den Wänden erinnern von dem Leben ab dem Jahre 1870.
Englische Missionare drangen immer weiter in das Gebiet vor und 1884 eroberten die Seestreitkräfte „Ushuaia“ für Argentinien. Von den Yámana Ureinwohner lebten schätzungsweise nur noch 1200 von anfangs 3000-4000. Für die Stadtentwicklung bedeutsam war der 1902 begonnene Bau des Presidio. Dieses 1920 fertig gestellte Gefängnis...
...ersetzte jenes auf der Isla de los Estados. Die Sträflinge, überwiegend Gewaltverbrecher, aber auch politische Gefangene,...
...bauten die Schmalspurbahn Ferrocarril Austral Fueguino, mit der heute Touristen durch den Nationalpark Tierra del Fuego fahren. Das Gefängnis wurde 1947 aufgelöst. Heute ist das Gefängnis ein Museum und wenn der Eintritt nicht so teuer wäre, wäre ich hinein gegangen.
Von Ushuaia aus starten die Schiffsreisen zur Antarktis. Gerne hätte ich mit den Pinguinen einen Polka getanzt,...
...doch die Preise bewegen sich bei US$12.000 und mehr. Als Alternative würde sich nur das Fitnessstudio eignen.

Interessant fand ich die Zeitkapsel. Am 2. Oktober 1992 wurden auf diesem Platz eine Zeitkapsel vergraben. Erst im Jahre 2492 wollen sie diese wieder ausgraben. Wüßte zu gerne, was drin ist.

Nach ein paar Tagen drückte es wieder in meinen Reiseschuhn. Ich habe alles gesehen, was ich sehen wollte. Das war meine letzte Stadt in Argentinien. Ich glaube, ich bin verliebt.

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