Einer Metallstange hielt seinen Hut und seine Sonnenbrille. Im Sekundentakt wollten sich die Leute mit ihm fotografieren lassen. Wirklich sympatisch fand ich den alten Mann mit seinem Schachbrett.
Um mit ihm spielen zu dürfen, mußte man ihm ein paar Pesos geben. Ein Vater ließ seinen ca. 10-jährigen Sohn spielen. Der alte Mann hatte keine Chance. Auch die ca. 14-jährigen Schwester gab ihm keine Chance. In meiner ersten Woche in Buenos Aires schaute ich mir die Stadt an, organisierte eine ungefähre Reiseroute und verglich die Preise der Spanischschulen. Es gibt wahnsinnig viele Sprachschulen in Buenos Aires. Eigentlich wollte ich von einem privaten Lehrer unterrichtet werden. Deshalb fragte ich überall in der Stadt nach und gab duzenden Leute meine Email-Adresse. Sie ließen mich alle hängen. Wirklich niemand meldete sich bei mir, so dass ich dann doch zu einer kommerziellen Sprachschule gehen mußte. Die Kritiken der IBL Sprachschule waren ausgesprochen gut, so dass ich mich für den Anfängerkurs einschrieb. Zu meiner Verwunderung befand im Kurs nur ein einziger Schüler. Wir waren also zu zweit. Bei den anderen Schulen hatten sich bis zu 6 Schüler angemeldet. In einer großen Lerngruppe würde ich untergehen und nicht viel Spanisch lernen. So konnte ich in der ersten Woche meine Lehrer mit Fragen zu donnern, wenn ich etwas nicht verstanden habe. Schließlich war ich nicht nur ein lerngieriger Schüler, sondern ein zahlender Kunde. Eigentlich wollte ich während des Sprachkurses bei bei einer Hostfamily leben. Als lernunterstützende Maßnahme bestimmt nicht schlecht. Der Zimmerpreis pro Woche schreckte mich ab. Außerdem hätte ich keine richtige spontane Möglichkeit, mir die Familie auszusuchen. Mein englischer Mitschüler wohnte zum Beispiel in einem Einzelzimmer bei einer alten Frau. Gesellige Abende blieben wohl aus. Da blieb ich doch lieber in meinem Hostel, in dem ich so viele nette Leute kennenlernte.
Camilo aus Kolumbien war echt nett und die 3 süßen Madrider Mädels ebenfalls.
Ich unterhalte mich kaum auf Spanisch, jedoch mit Englisch und einem Mix mit Spanisch gehts auch. [Verena, Chilenen, Argentinier und Kolumbianer]
In meinem Zimmer im Hostel lernte ich 4 Amerikaner kennen. Mit den 2 Mädels rechts, werde ich für ne Woche nach Uruguay fahren. Nebenbei weiter Englisch zu lernen, fand ich auch ganz gut. Schließlich wird mein Spanischkurs ebenfalls auf Englisch gehalten. Ich hatte mich entschieden, 2 Wochen lang einen Sprachkurs zu belegen. Leider wurde ich nach einer Woche sehr krank. Ich verbrachte den ganzen Tag nur noch im Bett. Die Leute im Hostel dachten schon, dass ich die Swin-Flu habe. Eunk, Eunk!
Die ärztliche Versorgung ist in Argentinien kostenlos. Trotzdem wollte ich nicht zum Arzt gehen. Geschweige ins Krankenhaus. Einen Krankenwagen hätte ich nicht rufen müssen. Die stehen selbst mit Blaulicht im Stau.
Zum Glück hatte ich kein Fieber, so dass die Vermutung falsch lag. Es war eine fette Erkältung. Bei den winterlichen Temperaturen von 26°C in Buenos Aires kann das schon mal passieren. Während ich draußen schwitzte, fror ich ganz besonders in den Klassenräumen. Mit so einem großen Temperatursprung kam mein Körper nicht klar. Von Tag zu Tag fühle ich mich kränker. Das ganze Wocheende lag ich im Bett und verpasste am Sonntag die feierliche Einweihung einer Sitzbank vor meinem Hostel.
Die Sitzbank ist ein Kunstwerk und zeigt „Mafalda“, eine Comicfigur aus den 60er Jahren. Mafalda wurde in dem Haus gegenüber von meinem Hostel vom Zeichner „Quino“ entworfen. Nun kommen Tag ein, Tag aus hunderte von (alberne) Fans und fotografieren sich mit dem kleinen Mädchen.
1973 erschien das letzte sozialkritische Comic und mußte aufgrund der Zensur der Militärherrschaft die Arbeit einstellen. Inzwischen wurden die Comics auch in Deutsche übersetzt, aber bis jetzt kann ich nicht mehr als ein müdes Lächeln aufbringen. Die ersten Tage meiner zweiten Sprachschulenwoche verbracht ich noch weiterhin in Bett. Erst am Mittwoch fühlte ich mich in der Lage, zur Schule zu gehen. Ich hatte zwar den Lernstoff nachgeholt, war aber hinterher. Also bekam ich für 3 Tage Einzelunterricht. Nun heißt es lernen, wiederholen und nicht aufgeben. Wie schon gesagt, verbrachte ich meine erste Woche ausschließlich auf der Straße. Ich ging jeden Tag raus und lernte einige Stadtteile immer besser. Wirklich erschrocken hatte ich mich, als ich dieses „Tricky“ Poster sah.
Irgendwie verfolge ich Tricky oder er mich?!? Damals in Montreal, letztes Jahr in Sydney und nun hier in Buenos Aires. Ein komischer Zufall, vor allem, weil ich seine Musik überhaupt nicht mag. Mein Hostel befand sich in San Telmo, in einem Künstlerviertel. Überall waren tolle Läden und Restaurants.
In vielen Ecken wurden die grauen Wände, wenn die Natur nicht schneller war,..
..mit Graffiti verschönert. Meine Lieblingswände habe ich hier aufgeführt.
Scheiß Nazi Schmierereien gab es hier leider auch.
Jedoch überwogen die Antinazi Symbole.
Stimmt nicht ganz. Die Stadt war übersäht mit Hakenkreuze, weil gerade in den Kinos der neue Tarantinofilm „Bastardos Sin Gloria“ gezeigt wird. Til Schweiger ist wohl kein Kassenhit? Sein Name erscheint nicht mal auf dem Filmplakat.
Am 16. September findet ein Deutsches Filmfestival statt.
Die Ärmsten wollen sich ganz bestimmt „Los Buddenbrooks“ anschauen?!? Vielleicht sollte man sie darauf aufmerksam machen, dass dieser Film „tittenfrei“ ist.
Am Plaza de Mayo befindt sich der rosarote Präsidentenpalast.
Die halbdeutsche Präsidentin Christina Fernandez de Kirchner scheint nicht sehr beliebt zu sein. Fast täglich ziehen Demonstrationszüge vor bis vor ihrem Fenster.
La Boca liegt etwas außerhalb von der Innenstadt. Da ich lieber durch die Straßen laufen wollte, verzichtete ich auf einen Bus. Ich lief ganz gemütlich durch die interessanten Straßen und lernte nebenbei Spanisch in meinem Buch. Gestört wurde ich durch ein komisches Geräusch. Als ich mich umdrehte, sah ich ein Polizeiauto, dass mich im Schritttempo verfolgte. Ab und zu machten die Polizisten immer wieder das merkwürdige Geräusch an. Irgendwann ließen mich die Polizisten in Ruhe und fuhren davon. Erst 2 Wochen später erfuhr und verstand ich, was wirklich passiert war. Die Polizisten haben mich beschützt. Mit dem Geräusch wollten sie wahrscheinlich den Leuten im verarmten Stadtteil mitteilen, dass die Polizei vor Ort war. Erfahren habe ich das, weil einige Leute aus meinem Guesthouse auch die Strecke lieber gelaufen sind. Die Einen wurden erst von einem kleinen Kind und dann von einem Polizisten zurückgehalten, die Straße entlang zu laufen. "Die würden Euch bis auf die Unterwäsche ausziehen!" Auch die beiden Amerikanerinnen wurden von einem Mann gewahnt, dass es ratsamer sei, jene Straße zu meiden. Unbewußt habe ich mich in Gefahr gebracht. Oh, oh?!? An meinem letzten Wochenende in Buenos Aires habe ich es endlich geschafft, nach Recoleta zum berühmten Friedhof zu gehen. Der Weg war aber sicher, da in Recoleta eher die Wohlhabenden leben. Sie sind damals zum Schutz vor Malaria auf den Berg gezogen, da die Moskitos sich vermehrt im Tal aufhalten. Auf dem Friedhof sind viele prominente Argentinier begraben.
Die Superreichen stellen sich auch nach ihrem Tod zur Show.
Ihre Särge werden teilweise so sehr pompös präsentiert, dass ich kein Verständnis aufbringen konnte.
Der Friedhof glich einem Irrgarten. Mehrere Stunden bin ich an den Gräbern vorbei gezogen.
Verschiedene (Herkunfts-) Einflüsse spiegeln sich in den Gräbern wieder. Besonders spannend fand ich das Grab von José Mendoza. Er, der zufälligerweise an einem 23. verstarb,...
...wurde in einer Pyramide begraben. Die illuminaten Symbole waren unverwechselbar.
Bei diesem Grab zum Beispiel konnte ich sehen, welche Rolle die Frauen in Argentinien Anfang des 20, Jahrhundert hatten. Der Patriarch saß streng auf einem Stuhl, während seine Frau mit dem Rücken zu ihm entgegengesetzt schaute.
Bei so vielen Prunkgräbern erwartete ich, auch so das berühmteste Grab in Recoleta anzutreffen. Weit gefehlt! Schon am Eingang, auf der Schautafel, konnte ich auch nach mehrmaligem studieren die Lage des Grabes nicht ausfindig machen.
Ich wollte mir das Grab vom ehemaligem argentinischen Präsidenten Juan Domingo Perón...
...und vor allem das von seiner Frau Maria Eva Duarte de Perón anschauen.
Weit besser bekannt unter dem Namen „Evita“.
Die unter ärmlichen Verhältnisse aufwachsene Eva lernte damals den zukünftigen Präsidenten auf einer Wohltätigkeitsfeier kennen. Evita unterstützte ihren Mann massiv im Präsidentschaftswahlkampf 1946. Die Angehörigen der Arbeiterklasse verehrten Evita, dagegen wurde sie von Argentiniens reicher Elite gehaßt. Und das selbst nach ihrem Tod. Oder warum findet man am Eingang keinen Hinweis auf den Ort des Grabes? Als erste Frau an der politischen Spitze nahm sie großen Einfluss auf die Entwicklung der Rolle der Frauen in der Politik. Durch ihren Einfluss erhielten Frauen 1947 das Wahlrecht zugesprochen. 1949 gründete Evita die peronistische Frauenpartei. Am 26. Juli 1952 starb sie mit 33 Jahren an Gebährmutterhalskrebs. Nach ihrem Tod starb auch das aufstrebene Argentinien und versank in einer jahrelangen Militärdiktatur. Trotz der mutigen Reformen, kann ich den Peronismus während und nach dem Zweiten Weltkrieg nicht nachvollziehen. Das nach außen neutrale Land gewährte Unterschlupfe für zahlreiche Nationalisten und Faschisten. Zu denen gehörte Adolf Eichenberg, Josef Mengele und Walter Rauff. Als ich diese Namen hörte, wurde ich erstmal ganz sprach- & fassungslos. Nach der Friedhofsbesichtigung ging ich zum Nationalmuseum der Schönen Künste. Mir haben nur einge Bilder gefallen. Von dem hier konnte ich heimlich ein Foto machen.
Nach genau 21 Tagen verließ ich Buenos Aires, so somit auch erstmal Argentinien. Mit den beiden Amerikanerinnen Shayna und Holly...
...nahm ich die Fähre nach Uruguay...
...und überquerrten dabei den breitesten Fluß der der Welt, den "Rio de Plata" (spanisch: Silberfluss).
1 Kommentar:
Mein lieber Lenny,
ich muss ja sagen, dein Bericht macht mir echt einen guten Vorgeschmack für eine Reise nach Aergentienen, die ich durch dich in Erwägung ziehe. Natürlich erst irgdenwann! Deinen nächsten Bericht Kopiere ich mir wieder und les ihn als gute Nachtgeschichte odr so...
Interessante Geschichte über Evita ;O)!
Lass es dir gut gehen und pass auf dich auf!
Eva
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